Warum fühle ich mich ständig müde?

Was hat ständige Müdigkeit mit unserem Hormonhaushalt zu tun? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, können wir uns zunächst fragen, warum wir ganz generell müde werden. Ohne zunächst auf die Ursachen einzugehen ist Müdigkeit aus Sicht unseres Körpers ein Signal, dass wir Erholung benötigen. Das kann sowohl körperliche, wie auch psychische Erholung betreffen. Das unser physischer Körper sich regelmäßig erholen muss liegt auf der Hand. Doch psychischer Stress kann genauso belastend für uns sein wie körperlicher. Wir alle kennen Situationen, die körperlich nicht besonders fordernd sind, nach denen wir aber geistig total erschöpft sind. Anstrengende Diskussionen oder Meetings im Job zum Beispiel.

Der Begriff „Stress“ ist bereits gefallen. Nun ist es leider so, dass psychischer Stress ein weitaus größeres Tabu in unserer Leistungsgesellschaft darstellt, als körperlicher. Jeder versteht, wenn wir uns nach einer anstregenden Bergtour erholen möchten. Erholung auf mentaler Ebene ist weitaus weniger akzeptiert und wird oft sogar mit einer Art „Schwäche“ assoziiert. Denn psychische Belastbarkeit ist heute insbesondere in der Arbeitswelt weitaus wichtiger als körperliche. Wären wir körperlich nicht in der Verfassung beispielsweise einen harten Handwerkerjob zu verrichten, würden wir das relativ gelassen hinnehmen und uns beruflich vielleicht umorientieren. In körperlich weniger fordernden Jobs gelten andere Maßstäbe, die zudem weitaus mehrdimensionaler und weniger offensichtlich sind. So entsteht Erwartungsdruck, der unseren aktuellen “Trainingszustand” herausfordert, manchmal über eine lange Zeit hinweg.

Nun sind es aber nicht nur Faktoren im Job, die auf uns einwirken. Zahlreiche andere Dinge unseres Leben erzeugen Stress in uns: Familie, Freunde, die eigenen Erwartungen an uns selbst in allen möglichen Bereichen unseres Lebens. Das alles hat einen Einfluss auf unser Hormonlevel, insbesondere was unsere Stresshormon Kortisol angeht. Wir sind also häufig dauergestresst, obwohl wir uns dessen oft gar nicht wirklich bewusst sind. Denn ähnlich der Herausforderungen für unser Belohnungssystem im Bezug auf die moderne Dauerstimulation durch Dopamin, kann kann auch ein anhaltender Überschuss an Kortisol ernsthafte Auswirkungen auf uns haben. In meinem Buch beschreibe ich, dass jedes unserer Hormone eine sehr sinnvolle Funktion für uns besitzt, diese aber in der Regel lediglich in Form eines Impulses sinnvoll wahrnehmen kann. Wie beim Dopamin, kommt es bei einer Überreizung zu Komplikationen. Eine Folge ist, dass unser Körper uns zuverlässig mitteilt, dass wir eine Pause zur Regeneration benötigen. Ausdruck findet diese Botschaft in unserer Wahrnehmung von Müdigkeit. Müdigkeit ist also lediglich ein Symptom. Dahinter können jedoch unterschiedliche Ursachen liegen.

Was können wir also gegen ständige Müdigkeit tun?

Mit mehr Schlaf werden wir maximal die Symptome lindern, die tatsächlichen Ursachen aber nicht eliminieren. Sind wir über einen längeren Zeitraum ständig müde, führt also kein Weg daran vorbei selbst aktiv zu werden und sich auf die Suche nach den wahren Ursachen zu machen. Häufig liegen diese nicht in den offensichtlichen Faktoren. “Mal” eine unangenehme Situation zu erleben macht uns nicht dauerhaft müde. Wenn jedoch etwas zum Beispiel grundsätzlich nicht unseren Erwartungen entspricht, wir es aber (aus welchen Gründen auch immer) akzeptieren, kann das echten Dauerstress auslösen. Auch das Aufschieben unangenehmer Dinge hat einen solchen Effekt: Steuererklärungen, ernste Gespräche, Auseinandersetzungen oder Entscheidungen, die unser Leben allgemein nachhaltig verändern würden fallen in diese Kategorie.

Um ständige Müdigkeit wirklich loszuwerden führt leider kein Weg daran vorbei, sich auch den wirklichen Gründen zu widmen und Ursachen genauer zu erforschen. Es ist wie bei körperlichen Symptomen auch: Ein Muskel zum Beispiel kann schmerzen, weil er punktuell überbeansprucht wurde. Damit werden wir in der Regel schnell fertig. Kompensiert er aber Dauerhaft zum Beispiel eine Fehlhaltung unseres Körpers, werden wir das Problem nicht lösen, indem wir nur den Muskel schonen. Der Unterschied zwischen Symptom und wirklicher Ursache ist entscheidend. Fakt ist: Es gibt IMMER eine oder mehrere Ursachen. Leider konzentrieren wir uns zu häufig lediglich auf Symptome und möchten diese beseitigen.

Titelbild: Gregory Pappas


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